Werner Schwab: Die Präsidentinnen (1991)

 

Drei Klofrauen verbringen den Abend vor dem TV und geben in ihrer Unterhaltung ihr Weltbild, ihre Wünsche und Träume preis. Schwabs eigens entwickelte Kunstsprache entblößt die simplen Gemüter der drei gescheiterten und frustrierten Existenzen auf erhellende und amüsante Weise. , Ihre pseudophilosophischen Lebensbetrachtungen wirken in den platt-derben Formulierungen grotesk komisch und gleichzeitig abstoßend dumm: »ERNA: Geh, Grete, ich kann das gar nicht mehr anhören, diese schlechten Ausdrücke. Immer nimmst du so ordinäre Wörter in den Mund. Immer hört man bei dir nur: Scheißdreck, Scheißdreck, Scheißdreck. Man kann ja auch Haufi sagen oder Stuhl, nicht immer: scheißen, scheißen, scheißen.« Man versteht, wieso Schwab dieses und andere seiner Stücke der Gattung des ›Fäkaliendramas‹ zuordnete. Bild: Regina Fritsch (Erna), Stefanie Dvorak (Mariedl), Barbara Petritsch (Grete) in einer Inszenierung am Burgtheater Wien 2015 (Regie: David Bösch)

Einführung

Eine Blogrezension als Einführung (2014)

Einführung in das Stück  anlässlich einer Inszenierung des Innsbrucker Staatstheaters 2017

Inhalt & Analyse

Leseprobe (die erste Szene)

Rezension einer Inszenierung am Akademietheater Wien 2015

Rezension einer Inszenierung am Akademietheater Wien (Regie: David Bösch)

Trailer Volkstheater Wien 2014 (Regie: Miloš Lolić)

Trailer Theater Münster 2016 (Regie: Anne Bader)

Monolog der Mariedl (2013)

Trailer Inszenierung Schauspielhaus Graz 2014 (Regie: Simone Blattner)

Trailer monsun theater Hamburg 2013

Günter Grass: Die Blechtrommel (1959)

»Ein ganzes Volk glaubte an den Weihnachtsmann. Doch der Weihnachtsmann war in Wirklichkeit ein Gasmann.« Hitler wurde von seinen politischen Wegbereitern 1933 noch herablassend als vermeintlicher Trommler bezeichnet: Einer, der den Takt, aber nicht den Ton angibt. Oskar Matzerath ist auch ein Trommler, der sich durchzusetzen weiß, wenn auch nur ein Blechtrommler. Klein, aber hallo. Im Alter von 3 Jahren beschließt er, nicht mehr zu wachsen und verkörpert fortan vorsätzlich den körpergewordenen nervtötenden Protest gegen die Erwachsenenwelt: Ein berühmter Literaturkritiker sagte über die Intention des Buches sogar: »Oskar protestiert physiologisch und psychisch gegen die Existenz schlechthin. Er beschuldigt den Menschen unserer Zeit, indem er sich zu einer Karikatur macht. Der totale Infantilismus ist sein Programm.« Oskar ist aber keine Identifikationsfigur, dazu trägt er zu sehr den Hang zum Bösen in sich. – Grass‘ umfangreicher Erstling war ein Wurf. Da erhob ein selbsternannter Gnom die Stimme und erzählte von dem gerade erste zu Ende gegangenen dunklen Kapitel. Das Buch – Schelmenroman und Entwicklungsgeschichte, Sittenbild und Satire – wurde allerdings kaum wegen seiner Momente künstlerischer Verfremdung zu einem der wichtigsten Dokumente der Zeitgeschichte und Vergangenheitsbewältigung, das es heute ist. Den meisten erzählte es zum ersten Mal nach 1945 mit großem Gestus und einer kräftigen Sprache vom Aufstieg der Nazis und dem durchschnittlichen Mitläufer – vor allem Oskars Beinahevater Alfred Matzerath. Der biologische Vater ist ein Pole, Cousin und Liebhaber von Oskars Mutter. Der Roman spielt lange Zeit in Grass‘ Heimatstadt Danzig, später am Atlantikwall und in Westdeutschland. Er zieht sich in drei Teilen bis ins Jahr 1954. Wieso Grass Oskar die Blechtrommel als Markenzeichen gibt und worin die eingangs erwähnte Parallele zu Hitler genau bestehen soll, bleibt opak. Bild: David Bennent als Oskar in Schlöndorffs Verfilmung von 1979.

Übersicht

Inhalt & Analyse

Ausführliche Inhaltsangabe, Figuren & more

Kurzfassung goes Playmobil

Rezension ZEIT 1959/2012

Trailer der Verfilmung (Schlöndorff 1979)

Grass liest einen Auszug (2010)

Trailer einer Theaterfassung am Thalia Theater Hamburg 2015 (Regie: Luc Perceval)

Imre Kertesz: Roman eines Schicksallosen (1975)

»Denn sogar dort, bei den Schornsteinen, gab es in der Pause zwischen den Qualen etwas, das dem Glück ähnlich war. Alle fragen mich immer nur nach den Übeln, den ›Greueln‹: obgleich für mich vielleicht gerade diese Erfahrung die denkwürdigste ist. Ja, davon, vom Glück der Konzentrationslager, müßte ich ihnen erzählen, das nächste Mal, wenn sie mich fragen. Wenn sie überhaupt fragen. Und wenn ich es nicht selbst vergesse.« – Das Alleinstellungsmerkmal dieses autobiographischen Romans über die Todeslager der Deutschen ist, dass Kertesz seine Erfahrungen aus der Sicht des Fünfzehnjährigen schildert, der er war. Er erlebt und beschreibt, ohne moralisch zu urteilen und sucht immer nach der lebensbejahenden Lücke in der Realität, um dem Grauen entfliehen zu können. das macht die Lektüre umso erschütternder. (Bild)

Übersicht

Inhalt & Analyse

Rezension ZEIT 1975/2012

Rezension zur Neuauflage NZZ 1996/2002

Rezension FAZ 1996

Rezension FAZ 2017

Blogrezension 2010

Trailer der Verfilmung (Lajos Koltai, 2005)

Wolfgang Koeppen: Eine unglückliche Liebe (1934)

»Sibylle betrachtete uns ohne zu lachen, aber freundlich. Sie war ein Kind, das eben ein neues Spielzeug bekommen hat und staunend überlegt, was man mit ihm anfangen kann.. Ihr Gesicht war über uns gebeugt, auch wenn es tiefer ruhte als wir spazierten, und ich glaube, wir blickten aus der Perspektive der Spielpuppen in den Marionettentheatern zu der Meisterin empor, die uns an den Schnüren hielt.« (S. 31 der Gesamtausgabe, Band 1)

Koeppen verarbeitet in diesem ›Werther des 20. Jahrhunderts‹ seine unerfüllte Liebe zu der um vier Jahre älteren Schauspielerin Sibylle Schloss. Zeitraum: die frühen Dreißigerjahre. Schauplatz: Berlin, Zürich und Italien. Während die Hauptfigur Friedrich unerschütterlich davon überzeugt ist, Sibylle sei für ihn bestimmt, wechselt sie andauernd die Liebhaber und weist Friedrich zwar konsequent zurück, kokettiert aber auch mit seiner kompromisslosen Hingabe und seinem Begehren. Das zeigt sich in der zitierten Passage, als Friedrich und ein Nebenbuhler vor Sibylle übertrieben spielerisch hinken, um damit auf lustige Weise ihre Verliebtheit zu demonstrieren.

Übersicht

Beitrag der NZZ 2002 (inkl. Begegnung mit der 92-jährigen Sibylle Schloss)

Rezension ZEIT 1960

Ausführlicher Hintergrundsbericht 2016 (inkl. Aussagen von Sibylle Schloss)

Peter Härtling: Nachgetragene Liebe (1980)

Der Autor erzählt von seinem Kinderhass auf den Vater, der als Anwalt im Dritten Reich den entrechteten jüdischen Bürger gegen die Nazis half. Das Kind versteht nicht, wieso die Eltern nicht wie alle anderen Hitler zujubeln und flüchtet sich in die Gemeinschaft der Hitlerjugend. Der Vater versucht vergeblich, seinen Sohn auf seine Seite zu ziehen, findet aber nicht den rechten Ton. Die tragische Beziehung endet mit dem Tod des Vaters kurz vor Kriegsende. Härtling versucht in diesem autobiographischen Roman beide zu verstehen. Das verblendete Kind, das er selbst war, und den stummen Vater, der doch auf der richtigen Seite kämpfte und vielen Menschen half – nur seinen Sohn hat er nicht erreicht. Berührend ist die Lektüre vor allem auch wegen des einseitigen Dialogs, den Härtling mit dem toten Vater führt und der sich durch das ganze Buch zieht.

Inhalt & Analyse (download einer wissenschaftlichen Betrachtung S. 27-35)

Textauszug

Rezension 2009

Zum Vater-Sohn-Konflikt (S. 18ff.)

Audio- Textauszug

Max Frisch: Homo faber (1957)

Der 50-jährige Ingenieur Walter Faber ist so cool wie kühl, so misanthropisch wie lakonisch, in der ganzen Welt zuhause und überhaupt nicht bei sich. Letzteres dämmert ihm allerdings erst bei Einsetzen des Romans. Plötzlich läuft nicht mehr alles so kontrolliert ab wie gewohnt. Vor allem entwickelt sein Innenleben Regungen, die ihm keine Ruhe lassen. Indem Frisch uns alles in Fabers nüchterner, Widersprüche offenbarender Kopfstimme erzählt, werden wir Zeuge einer unfreiwilligen Selbstentdeckungsreise, die sich über drei Kontinente und einen Sommer erstreckt. Dabei tritt ganz allmählich die Vergangenheit ans Licht, in Form von weiteren Figuren wie der jungen Sabeth, von Gedanken und Rückblenden, ganz im Stile eines analytischen Dramas von Sophokles (König Ödipus), Kleist (Der zerbrochne Krug) oder Ibsen (Gespenster). Bild: Ein gemalter Sam Shepard in der Rolle des Walter Faber in Schlöndorffs Verfilmung von 1991.

Übersicht

Inhalt & Kommentar

Inhaltsangabe & Figuren

homofaber-checkliste

Kurzzusammenfassung goes Playmobil

Sorgfältige Analyse nach Stichworten

Videobeitrag zu Identitätsproblem bei Max Frisch

Audioeinführung zur Bühnenfassung (Schauspielhaus Zürich 2016, Regie: Bastian Kraft)

Trailer der Verfilmung (Volker Schlöndorff, 1991)

 

Simon Strauß: Sieben Nächte (2017)

Ein Mann Ende Zwanzig verzweifelt an der Aussicht auf ein herkömmlich moderates Leben als erfolgreicher Mitbürger einer Leistungsgesellschaft und will seine Jugend, deren Intensität und Emotionalität ins nächste Jahrzehnt retten. Ein Freund schlägt ihm vor, jede Nacht eine der sieben Todsünden auszuleben und darüber zu schreiben: Hochmut,Völlerei, Faulheit, Habgier, Neid, Wollust, Jähzorn. Ein wütendes kleines Buch über die Sehnsucht nach tiefen Gefühlen und einem authentischen Leben jenseits der dreißig, geschrieben in einer hinreißenden Sprache und mit viel Zug & Verve.

Überblick

Rezensionsübersicht

Rezension ZEIT 2017

Rezension SPIEGEL 2017

Rezension Berliner Zeitung 2017

Rezension Deutschlandfunk 2017

Blogrezension 2017

Videorezension 2017

Lesung des Autors