Motive und Themen in der deutschsprachigen Literatur, Weltliteratur und Filmgeschichte
Shumona Sinha: Erschlagt die Armen! (2011)
Eine Pariser Dolmetscherin indischer Herkunft verzweifelt zusehends an ihrer Tätigkeit: Als Angestellte der Asylbehörde muss sie sich täglich die auswendig gelernten stereotypen Lügen der meist männlichen Antragsteller anhören, die sie einerseits wütend machen, andererseits aber an ihre eigene Herkunft erinnern und aus der schieren Not geboren sind. Eingeklemmt, wie sie es zwischen den Schicksalen, Erdteilen, Kulturen ist, sehnt sie sich tief in ihrem Inneren danach, eine ruhige, ganz selbstverständliche Existenz weit weg von diesen geschilderten Drangsalen zu leben. Shumona Sinha, die in Kalkutta aufwuchs und seit ihrem 18. Lebensjahr in Frankreich lebt, verarbeitet hier auf so poetische wie beklemmende Weise ihre eigenen Erfahrungen als Übersetzerin in der Pariser Migrationsbehörde und hinterfragt ohne Rücksicht auf politisch Korrektheit die Natur des Asylwesens ebenso wie die Menschlichkeit und Tauglichkeit unserer Behörden und ihrer Verfahren.