Darf man mit gewaltsamen Mitteln eine Utopie verwirklichen, um für Gerechtigkeit herzustellen? Und wohin mit der Schuld? Die Intellektuelle Sonja Irene L. solidarisiert sich mit dem revolutionären Proletariat und tritt aktiv für die Befreiung und Verbrüderung aller Menschen ein, gegen den Willen ihres Mannes, der mit der Regierung zusammenarbeitet und nach dem Ersten Weltkrieg gute Geschäfte macht. Sonja zögert nicht, ihre Beziehung den vordringlicheren Interessen der »Masse« zu opfern. Toller verwendet in seinem expressionistischen, klassenkämpferische Stück eine ekstatisch-verkürzte Sprache und Traumbilder, die auf das antike Trauma zurückgreifen. (Bild: Szenenbild einer Umsetzung von 2012)
Der Krieg um Troia aus Sicht einer Frau. Kassandra ist die Seherin, der niemand glaubt, die Tochter des Königs Priamos von Troja. Durch ihre geschärfte Optik mutiert der göttliche Achill zum mordenden Vieh, der große Priamos zum schwachen Macho, der nur noch der Logik des kriegs folgt, Hektor ist ein Opferlamm, Paris ein altes Kind und die schöne Helena bleibt eine Schimäre und das, was Hitchcock einen MacGuffin nennt: einen geeigneten, aber billigen Vorwand, um eine Geschichte zu erzählen – oder eben einen Krieg zu beginnen. Der monologische Roman ist eine fulminante Tirade gegen den Bellizismus in Zeiten des Kalten Krieges. Die Frauen bilden einen Gegenwelt ohne großen Einfluss, die Titelheldin und Erzählerin hat allerdings mit sich selbst noch eine Rechnung offen. (Bild)