Motive und Themen in der deutschsprachigen Literatur, Weltliteratur und Filmgeschichte
Stefan Zweig: Angst (1910/20)
Irene Wagner, verheiratet, Ende zwanzig, lässt sich aus Neugier und einem diffusem Überdruss am vor sich hinplätschernden Familienleben auf ein Abenteuer ein. Das wattierte Dasein als zweifache Mutter in einem bürgerlichen Haushalt der besseren Wiener Gesellschaft füllt sie nicht aus. Dieses Selbstverständliche gerät aber von einem Moment auf den anderen in Gefahr, als sie von einer Frau erpresst wird, die sich als die Freundin des Liebhabers ausgibt. Fortan fürchtet Irene, die Affäre fliege auf und ihr wird bewusst, was sie zu verlieren hat. Sie registriert ihre Versäumnisse, beispielsweise was die Beziehung zu ihren zwei Söhnen betrifft, und sehnt sich zurück zu dem eben noch verschmähten kleinen Frieden der eigenen Familie und den gesitteten Verhältnissen. Die spannende Novelle lebt vom Getriebensein der Protagonistin, die sich dem Schicksal ohnmächtig ausgeliefert sieht.