Bernhard Schlink: Der Vorleser (1995) Es ist schwierig, etwas Aussagekräftiges über Schlinks umstrittenen und berühmten Roman zu sagen, ohne zu viel Inhaltliches vorwegzunehmen. Das Buch handelt von einem Geheimnis und von maximaler Schuld, von menschlichen Abgründen und vom Versagen, z.B. einer kollektiven Unfähigkeit zur Kommunikation. Die Handlung erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte und liest sich spannend. Er wird auch heute noch viel gelesen und steht nach wie vor auch in der Kritik. In den vielen Rezensionen zur Verfilmung von 2009 geht es meistens vor allem um die Romanvorlage und deren Rezeption zur Zeit seines Erscheinens in den 90ern. Leseprobe Überblick Inhalt & Analyse Materialien Aspekte & Kritik Lob & Kritik, Pro & Contra – ›Welt‹ 2007 Rezension der Verfilmung SZ 2009 Rezension der Verfilmung ZEIT 2009 Rezension der Verfilmung SPIEGEL 2009 Rezension der Verfilmung SZ 2010 Trailer der Verfilmung 2009
Leif Randt: Allegro Pastell (2020) »Vorauseilende Wehmut – bester Zustand!« So beschreibt Tanja (29) ein Gefühl, das sie mit ihrem Freund Jerome (35) teilt. Der Roman spielt in den Jahren 2018 und 2019. Die beiden führen eine angenehm dosierte Fernbeziehung, ›nice‹, aber auch ängstlich darum bemüht, dem Paarklischee zu entgehen und einander Freiheiten zu lassen. Der Autor redet von ›pragmatischem Hedonismus‹. Über telegram etc. bleiben sie eng miteinander verbunden und besuchen sich wochenendweise in ihren jeweiligen Realitäten in Frankfurt und Berlin. Gleichzeitig ist jeder auch nur mit sich beschäftigt, beide bewegen sich auch ohne einander durch rauschende Nächte und begegnen neuen wie alten Bekannten. Was das mit ihnen macht, davon erzählt der Roman. Da kann schon mal »vorauseilende Wehmut« aufkommen. Ein »virtuos lauwarmes Meisterwerk«, schreibt die Süddeutsche Zeitung (siehe unten) Überblick Leseprobe Rezensionsübersicht Rezension ZEIT 2020 Rezension SZ 2020 Bericht über den Roman inkl. Interview mit dem Autor Der Autor liest uns ein paar Seiten in der freien Landschaft vor
Thomas Jonigk. weiter. (2020) Wie findet man zu einem Glück, das man sich zutraut, zu einer Liebe, der man vertrauen kann? Veronika und Robert, zwei verlorene Seelen in ihren 20ern, begegnen sich in einem Westberliner Café in den 80ern. Der Roman erzählt von den beiden und wie sie an diesem Punkt gelangt sind. Das ist zum Teil dicke Post, erinnert sehr an den dunklen Zynismus der Romane von Sibylle Berg. Es liest sich trotz alledem sehr gut, sofern man die zum Teil schwer erträglichen Beschreibungen aushält – und weil sich darin so radikale wie interessante Betrachtungen über die conditio humana finden. Überblick Inhalt Leseprobe, Textauszug Rezension Deutschlandfunk 2020
Dirk Kurbjuweit: Zweier ohne (2001) Johann und Ludwig sind 16 und schon einige Jahre gut befreundet. Die beiden rudern zusammen und wollen jetzt ihre Freundschaft optimieren, um in der Ruderregatta endlich zwei erfolgreiche Zwillingsbrüder zu besiegen. Sie beschließen, ihr Leben komplett aneinander anzugleichen, auch über alles zu reden, was sie beschäftigt. Ludwig ist der dominantere der beiden und bestimmt das meiste. Das Problem: Johann und Ludwigs Schwester Vera haben ein Auge aufeinander geworfen. Übersicht Inhaltsangabe Inhalt & Analyse Rezensionsüberblick Leseprobe Trailer der filmischen Umsetzung (2008)
Simone Meier: Kuss (2019) Je mehr man sein Leben eingefädelt und schwerwiegende Entscheidungen hinter sich hat (Partnerschaft, Hauskauf, Jobsituation), desto weniger werden die Optionen. Man ist vielleicht glücklich, sitzt aber auch in einer Art Falle. So ergeht es Gerda, Mitte 30, die sich eine Auszeit genommen hat und nun vorwiegend mit dem Haus beschäftigt ist, das sie und Yann sich gekauft haben – außerhalb der Stadt, ein neuer Lebensabschnitt. Kommen jetzt Kinder? Ein beruflicher Wiedereinstieg? Und wohin mit den Sehnsüchten? Das Rollenmuster ist ungut, Yanns Freund Alex hat das gewisse Etwas. »Simone Meier spinnt einen Reigen des Begehrens, des Gesehenwerdenwollens, in dem der andere vornehmlich als Projektionsfläche dient und die Realität zunehmend entgleitet. Auch der Leser weiß mit der Zeit nicht mehr, wo Fantasie anfängt und Wirklichkeit aufhört, zu schmal ist der Grat.« (SPIEGEL 13.2.19) Überblick Leseprobe Inhalt inkl. Zitate 2019 Rezensionsübersicht Rezension SPIEGEL 2019 Podcast: Interview mit Simone Meier
Françoise Sagan: Bonjour tristesse (1954) Man darf diesen Sommerroman mit düsterer Unterströmung durchaus als Klassiker des frühen Feminismus der Nachkriegszeit lesen. Geschrieben hat ihn eine damals 18-jährige, die damit nicht nur der Sehnsucht nach einem freien Lebensgefühl Ausdruck verlieh, sondern auch an den Grundfesten der herkömmlichen Geschlechterrollen rüttelte. Hochsommer an der Côte d’Azur. Cécile verbringt mit ihrem geliebten Casanova-Vater Raymond und dessen Geliebten Elsa entspannte Strandferien. Die 17-jährige Halbwaise bewegt sich irgendwo zwischen exzentrischer Halbwüchsigen und sensibler junger Frau auf der Suche nach Sicherheit. Sie kann es sich leisten, kindlich anstrengend zu sein, lernt aber gleichzeitig mit ihren Reizen zu kämpfen und findet auch einen boy, in den sie sich zum Zeitvertreib etwas verlieben kann. Als allerdings mit der coolen 40-jährigen Designerin Anne eine alte Freundin der verstorbenen Mutter auftaucht, die prompt Raymond schöne Augen macht, sieht Cécile ihren modus vivendi in Gefahr und überlegt, wie sie sich dem Lauf der Dinge entgegensetzen könnte. Übersicht Inhalt & Kommentar Rezension ZEIT 1955 (!) Rezensionsübersicht Rezension SZ 2019 Rezension journal21 2019 Videorezension 2016 Trailer der Verfilmung von 1958
Markus Werner: Am Hang (2004) Zwei einander unbekannte Männer, ein junger, etwas zynischer Scheidungsanwalt und ca. 20 jahre älterer Altphilologe, , geraten miteinander in ein Gespräch, das länger dauert als gewöhnlich. Sie haben eine diametral entgegengesetzte Einstellung zum Leben und zur Liebe. Der Erzähler Clarin (der Anwalt) schwärmt von seinem promiskuitiven Dasein als Junggeselle – sein Gegenüber namens Loos verachtet den Zeitgeist und verteidigt Liebe und eheliche Treue. Am Ende stellt sich heraus, dass beide mehr verbindet, als ursprünglich angenommen. Kaum Handlung, viel philosophisches Geplauder mal grundsätzlich, mal oberflächlich, unterm Strich ziemlich gehaltvoll. Überblick Inhalt & Kommentar Übersicht Rezension ZEIT 2004 Rezension NZZ 2004 Rezension FAZ 2004 Blogrezension 2013 Trailer der Verfilmung (Regie: Markus Imboden, 2013)
Ulrich Woelk: Liebespaare (2001) Worin liegt der Sinn des Lebens, wenn man ein Paar geworden ist, im Wohlstand lebt und sich dennoch keine Ruhe einstellen will? Fred und Nora sind seit fünf Jahren ein Ehepaar, er ist 40 und leitet das Redakteurteam einer populären Soap, sie ist mit 35 daran, ihre späte Doktorarbeit abzuschließen. Haus, Anstellung, Gesundheit, Freunde, alles stimmt, dennoch nimmt die Zufriedenheit ab, lässt das große Glück auf sich warten resp. scheint in der Vergangenheit zu liegen. Wie viele andere Paare aus ihrem Milieu beschäftigt sie die Frage, wie es in ihrem Leben weitergehen soll. Beide sind sich unsicher, wie sehr sie einander noch lieben, ob sie mit einem anderen Partner oder Job glücklich wären, ob ein Kind etwas ändern würde. Inmitten dieser Daseinsform materiellen Überflusses und transzendentaler Obdachlosigkeit begegnen sie Robert, einem Schriftsteller, und dessen Frau Christa. Aus den entstehenden Sympathien folgt, was Goethe vor zwei Jahrhunderten in seinem Roman ›Wahlverwandtschaften‹ schilderte. Woelks Figuren wirken alle mehr oder weniger übersättigt und enttäuscht, sie belügen und hintergehen sich und sind doch auf der Suche nach Liebe und Bindung. Der Roman hat einige Längen, die mal locker überspringen kann, und ist dennoch nicht uninteressant, mitunter weil Woelk einen guten Eindruck von der diffus unsicheren Stimmung der Endneunzigerjahre vermittelt. Einführung Übersicht
Stefan Zweig: Angst (1910/20) Irene Wagner, verheiratet, Ende zwanzig, lässt sich aus Neugier und einem diffusem Überdruss am vor sich hinplätschernden Familienleben auf ein Abenteuer ein. Das wattierte Dasein als zweifache Mutter in einem bürgerlichen Haushalt der besseren Wiener Gesellschaft füllt sie nicht aus. Dieses Selbstverständliche gerät aber von einem Moment auf den anderen in Gefahr, als sie von einer Frau erpresst wird, die sich als die Freundin des Liebhabers ausgibt. Fortan fürchtet Irene, die Affäre fliege auf und ihr wird bewusst, was sie zu verlieren hat. Sie registriert ihre Versäumnisse, beispielsweise was die Beziehung zu ihren zwei Söhnen betrifft, und sehnt sich zurück zu dem eben noch verschmähten kleinen Frieden der eigenen Familie und den gesitteten Verhältnissen. Die spannende Novelle lebt vom Getriebensein der Protagonistin, die sich dem Schicksal ohnmächtig ausgeliefert sieht. Überblick Inhalt & Kommentar Volltext der ganzen Novelle Blogrezension 2011 Noch ne Blogrezension (2000) Analyse & Figuren Kurzfassung goes Playmobil kurze Stummfilmfassung (1928) Trailer einer Bühnenfassung Theater Erlangen (2012)
Theodor Fontane: Graf Petöfy (1883) Der 70-jährige Graf Adam von Petöfy lebt mit seiner frommen verwitweten Schwester Judith in Wien. Der junggebliebene Lebemann und Theaterliebhaber hat ein Auge auf die lebhafte 24jährige Schauspielerin Franziska geworfen, die sich tatsächlich auf eine Ehe einlässt – womöglich aufgrund der Freiheiten, die der Graf ihr garantiert. Dass Alter, Stand und Konfession gegen diese Verbindung sprechen, liegt zwar auf der Hand, doch der Graf mag es unkonventionell. Franziska soll ihn vor allem unterhalten, ansonsten stellt er keine Ansprüche an sie. Als sie den Sommer in seiner ungarischen Residenz verbringen, kommt es zu komplizierten Verwicklungen, bei denen Petöfys Neffe Egon von Asperg eine Rolle spielt. Fontane verarbeitet hier eine historische Skandalbeziehung mit der gewohnten erzählerischen Ruhe, Ironie und dem genauen Blick. Überblick Ganzer Text Präzise Charakterisierung der Figuren