Es ist schwierig, etwas Aussagekräftiges über Schlinks umstrittenen und berühmten Roman zu sagen, ohne zu viel Inhaltliches vorwegzunehmen. Das Buch handelt von einem Geheimnis und von maximaler Schuld, von menschlichen Abgründen und vom Versagen, z.B. einer kollektiven Unfähigkeit zur Kommunikation. Die Handlung erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte und liest sich spannend. Er wird auch heute noch viel gelesen und steht nach wie vor auch in der Kritik. In den vielen Rezensionen zur Verfilmung von 2009 geht es meistens vor allem um die Romanvorlage und deren Rezeption zur Zeit seines Erscheinens in den 90ern.
Eine Parabel über die Hoffnung spendende Kraft der Lüge. Schauplatz ist ein jüdisches Ghetto im besetzten Polen der Nazizeit in den letzten Wochen vor der Räumung. Jakob hat im Büro der deutschen Besatzer unbemerkt aus dem Radio mitbekommen, dass die Rote Armee nicht mehr fern sei. Die Neuigkeit geht wie ein Lauffeuer durchs Ghetto und weckt die lang ersehnte Hoffnung auf Befreiung. Schon bald heißt es, Jakob besäße ein Radio und sei stets auf dem Laufenden. Im Wissen um die positive Wirkung und zur Bekräftigung, dass er die Wahrheit gesagt hat, bestätigt Jakob Mischas diese tatsächliche Unwahrheit. Eine heikle Lüge, denn ein Radio zu besitzen war den Ghettobewohnern nicht erlaubt. Und Jakob muss jetzt dauernd Nachrichten erfinden, die er in seinem fiktiven Radio gehört hat. – Das Ganze wird von einem Ich-Erzähler aus der Erinnerung geschildert, ergänzt mit seinen eigenen Gedanken und Gefühlen. Jurek Becker, der als Kind das KZ überlebte, ist ein Roman über den Holocaust gelungen, der das Schreckliche mit einer gewissen heiteren Leichtigkeit verknüpft und dadurch erträglich macht. Bild: Henry Hübchen (Mischa) und Vlastimyl Brodsky (Jakob) in Frank Beyers Verfilmung von 1974.